Schlupfwespen im Überblick
Schlupfwespen gehören wie die Ameisen Bienen, Wespen zu den Hautflüglern (Hymenoptera). Zu den Echten Schlupfwespen im engeren Sinn zählen nur die Vertreter der Familie Ichneumonidae. In der Biologischen Schädlingsbekämfung fasst man den Begriff Schlupfwespen und bezieht auch Familien der Legimmen – Brack- und Blattlauswespen – ein.
Nützliche Schlupfwespen im Einzelnen
1. Echte Schlupfwespen Ichneumonidae
Sie sind als Imagines mittelgroß, schlank und lebhaft gefärbt. Die Weibchen haben einen Legebohrer, der bei manchen viel länger als der übrige Körper sein kann. Schlupfwespen haben lange, schnurförmige Fühler, die fast pausenlos in zitternder oder trillernder Bewegung sind. Typisch für Echte Schlupfwesen ist auch das dunkle Mal auf dem Vorderflügel. Die erwachsenen Schlupfwespen sieht man ähnlich wie Schwebfliegen an Doldenblütlern, wo sie den Nektar lecken. Andere Arten ernähren sich von Pflanzsäften oder von Honigtau, den Blattläuse ausscheiden.
Die Weibchen der Echten Schlupfwespen stechen mit ihrem Legebohrer an deren Insekten, aber auch deren Eier, Larven oder puppen an oder Tausendfüßler und Spinnen, um ein Ei in deren Körper zu legen – meist ist es nur ein Ei, seltener mehrere Eier.
Aus dem Ei schlüpft eine beinlose Larve, die sich vom Körpergewebe ihres Wirttieres ernährt. Dabei lässt sie zunächst wichtige Organe des Wirtes unangetastet, bis sie das letzte Larvenstadium erreicht hat. Dann frisst sie auch die Organe auf, sodass das Wirtstier abstirbt und sich die Larve in dessen leerer Körperhülle verpuppt.
Schlupfwespen sind auch deshalb so erfolgreich beim Aufspüren von Insekten als potentielle Opfer und Wirtstiere für ihren Nachwuchs, weil sie selbst im Holz lebende Larven aufspüren und mit ihrem Legebohrer bis tief ins Holz eindringen können. Oder eine in zähem Nestgespinst lebende Raupe parasitieren können.
Einige Echte Schlupfwespen – kurz vorgestellt:
Amblyteles armatorius – Gelbe Schlupfwespe. Diese 2cm große Schlupfwespe mit schwarz-geringeltem Hinterleib ist in fast ganz Europa, in Nordafrika und im Orient verbreitet. Sie ahmt mit Körperzeichnung wehrhafte Wespen nach (Mimikry) zum Schutz vor potentiellen Fressfeinden. Das Weibchen hat keinen Legebohrer, da die sie ihre Eier in freilebende Raupen von Eulenfaltern als Wirtstiere legt. Diese Schlupfwespe bildet im Jahreslauf 2 Generationen. Die erwachsenen Gelben Schlupfwespen ernähren sich vom Nektar vor allem von Doldenblütlern, ferner von Distel- und Brombeerblüten.
Das Weibchen der Gelben Schlupfwespe – eine Art ohne Legebohrer (Foto: gailhampshire, Creative Commons Attr.-Share Alike 2.0 Generic (US-amerikanisch).
Ephialtes manifestator – Rotbeinige Holzschlupfwespe. Dies etwa 3cm große Schlupfwespe lebt in den Mischwäldern Europas- Das Weibchen sucht umgestürzte oder gefällte Bäume nach Larven von Bockkäfern ab, in dem sie mit ihren Beinen systematisch den ganzen Stamm abtastet. Hat sie eine Bockkäferlarve schließlich aufgespürt, dann bohrt sie mit ihrem Legebohrer ein Loch direkt in Richtung der Bockkäferlarve – das kann mehr als eine halbe Stunde dauern. Dann wird das Ei in das Wirtstier abgelegt. Man kann sich vorstellen, dass dies ein enormer Kraftaufwand für die kleine Schlupfwespe ist; deshalb schafft das Weibchen nicht mehr als höchstens 14 Eiablagen.
Ein Weibchen der Rotbeinigen Holzschlupfwespe tastet die Rinde eines morschen Baumes nach Larven des Bockkäfers ab. Der lange Legebohrer wird solange noch senkrecht in die Höhe gehalten (Foto: Frank Vassen, Creative Commons Attr-Share Alike 2.0 Generic (US-amerikanisch).
Idechthis carnescens – diese Schlupfwespe parasitiert Vorratsschädlinge wie die Mehlmotte, die Korn- und die Wachsmotte und andere Vorratsschädlinge in Getreidemühlen, Mehl- und Kornspeichern.
Pimpla instigator – Schwarze Schlupfwespe. – diese etwa 2cm große Schlupfwespe hat einen pechschwarzen Körper. Sie lebt in Gebüschen und lichten Wäldern Europas und Nordafrikas und sucht zur Eiablage nach Schmetterlingsraupen, in die sie ihre Eier ablegen kann. Interessanterweise macht sie dabei einen Unterschied zwischen kleinen und großen Raupen: In große Raupen werden befruchtete Eier abgelegt, in kleine Raupen unbefruchtete. Die erwachsenen Schlupfwespen dieser Art ernähren sich von Nektar und Honigtau.
Im Bild eine Schwarze Schlupfwespe (Foto: Aiwok, Creative Commons Attr.-Share Alike 3.0 Unported).
Protichneumon pisorius – Riesenschlupfwespe. – Diese 2 bis 3cm große Schlupfwespe hat einen schwarz und gelb gefärbten Körper. Sie hält sich vor allem in Parks und Gärten, aber auch in Nadelwäldern auf und kommt fast in ganz Europa vor. Dieses Schlupfwespenweibchen hat keinen besonders großen Legebohrer, denn es parasitiert zur Eiablage oberirdisch lebende Schmetterlingsraupen, vor allem von Schwärmern und Nachtfaltern. Die erwachsenen Schlupfwespen leben von Honigtau und Nektar.
Porträt einer Riesenschlupfwespe Protichneumon pisorius (Foto: James Lindsey at Ecology of Commanster, Creative Commons Attr.-Share Alike 3.0 Unported).
Rhyssa pesuasoria – Große Holz-Schlupfwespe. – Das Weibchen spürt mit ihrem bis zu 5cm Legebohrer – im Holz sitzende Holzwespenlarven auf, dringt mit ihrem etwa 5cm Legebohrer – das entspricht fast der doppelten Länge ihres übrigen Körpers – tief ins Holz bis zum Wirtstier vor und legt ihr Ei in die Holzwespenlarve. Der Legebohrer dient nicht nur zur Eiablage, damit kann sich die Schlupfwespe auch sehr erfolgreich verteidigen, denn ihr Stich ist sehr schmerzhaft. Die Große Schlupfwespe lebt vor allem in Laubwäldern in weiten Teilen Europas, aber auch in Nordamerika. Diese Art wird auch Pfeifenräumer genannt.
Ein Weibchen der Großen Holz-Schlupfwespe senkt ihren Legebohrer ins Holz, um ihr Ei in eine Larve einer Holzwespe als Wirtstier abzulegen (Foto: Paweł Strykowski, Creative Commons Attr.-Share Alike 2.5 Generic (US-amerikanisch).
2. Brackwespen Braconidae
Die Brackwespen ähneln den Echten Schlupfwespen und sind auch mit ihnen eng verwandt, sind jedoch mit Körperlängen zwischen 1 und 10mm noch kleiner und auch unauffälliger einfarbig in der Köperfarbe. Ihre dünnen, fadenförmigen Fühler sind meist länger als der Körper.scheinbarer einfarbig. Auch die Weibchen der Brackwespen haben Legebohrer, mit dem sie ihre Eier in den Körper der Wirtstiere legen. Meist sind die Opfer Schmetterlingsraupen, daher werden diese Schlupfwespen auch Raupenwespen genannt. Die aus dem Ei schlüpfende Larve der Brackwespe entwickelt sich im Wirtstier, bis sie am Ende der Larvalenwicklung eine Öffnung , um aus dem toten Wirtstier herausschlüpfen zu können. Dann spinnt sich die Larve in der Nähe in einen Kokon ein und verpuppt sich. Manche Brackwespen parasitieren aber auch Käfer statt Schmetterlingsraupen.
Einige Brackwespen – kurz vorgestellt:
Apanteles glomeratus – die Kohlweißlings-Raupenwespe. Diese Brackwespe ist wohl die bekannteste Vertreterin der Brackwespen, denn sie parasitiert die Raupen des Kohlweißlings. Und damit spielt sie eine wichtige Rolle bei der biologischen Schädlingsbekämpfung im Gemüseanbau. Ein einziges Weibchen dieser Brackwespe kann bis zu 150 Eier in eine einzige Schmetterlingsraupe legen. TLotzdem lassen die Schlupfwespenlarven ihre Wirtstiere, die Raupen am Leben bis kurz vor der Verpuppung der raupe. zu diesem Zeitpunkt verlassen die Larven der Kohlweißlings-Raupenwespe den Körper der Raupe und spinnen in der Nähe der toten Raupe einen gelbem Kokon, indem sie sich verpuppen. Diese gelben Kokons ähneln in Größe und Aussehen den Eiern des Kohlweißlings und werden deshalb oft versehentlich vernichtet. Die erwachsenen Kohlweißlings-Raupenwespen werden nur 3mm groß. Sie haben – wie die meisten Brackwespen – glasig transparente Flügel – mit Ausnahme eines schwarzen Dreiecks am oberen Rand der Vorderflügel. Die Kohlweißlings-Raupenwespe kommt in ganz Europa vor und sie taucht überall dort auf, wo sich auch Kohlweißlinge aufhalten. – in Gärten und Parks, auf Feldern und Wiesen.
Eine von den Larven der Kohlweißlings-Raupenwespe parasitierte Raupe eines Kohlweißlings. Einige Larven verlassen gerade den toten Körper der Raupe und legen teilweise ein gelblich gefärbtes Gespinst an – links unten zu sehen -, um sich zu verpuppen (Foto: Alvesgaspar, Creative Commons Attr.-Share Alike 3.0 Unported).
Ascogaster quadridentatus parasitiert die Raupen des Apfelwicklers.
3. Blattlauswespen Aphidiidae
Blattlauswespen gelten strenggenommen als Unterfamilie der Brackwespen. Die sind mit 2 bis 4mm Körpergröße noch etwas kleiner als die Raupenwespen. Auffallend ist bei ihnen vor allem der gestielte und leicht nach unten gekrümmte Hinterleib.
Diese Schlupfwespen parasitieren ausschließlich – passend zu ihrer geringen Körpergröße – Blattläuse. In der Regel gibt es für jede Blattlausart auch die in ihr parasitierende Blattlauswespenart. Das Blattlauswespen-Weibchen sticht eine Blattlaus an, um ein Ei in den Körper der Blattlaus zu legen.
Die aus dem Ei schlüpfende, winzig kleine Larve frisst sich durch den Körper der Blattlaus und verpuppt sich meist auch dort. Befallene Blattläuse haben eine blasenförmig aufgetriebenen und verfärbten Körper, sodass die von Blattlauswespen parasitierten Blattläuse leicht innerhalb der Blattlauskolonie auszumachen sind.
Eine erwachsene Blattlauswespen der Art Aphidius ervi (Foto: Nikk, Creative Commons Attr.-Share Alike 2.0 Generic).
Bei den Blattlauswespen der Gattung Aphidius kleben die Larven den Körper der toten Blattlaus an der Pflanze fest und die Larve verpuppt sich in der leeren Blattlaushülle. Wenn sie nach der Puppenruhe schlüpft, bleibt das Schlupfloch der Wespe noch einige Zeit an der verlassenen Blattlaushülle erhalten.

Bei den Blattlauswespen der Gattung Praon verlässt die Larve dagegen den toten Blattlauskörper und legt darunter ein Gespinst an, indem sie sich verpuppt (Foto: Sarefo, Creative Commons Attr.-Share Alike 4.0 International).
Bei der Bekämpfung von Blattlauskolonien können die Blattlauswespen hervorragende Dienste leisten. Denn sie parasitieren bereits die aus den die erste Generation der aus den Wintereiern schlüpfenden Blattläuse und unterbinden damit von Beginn an die Bildung einer größeren Blattlauskolonie.
Allerdings können Blattlauswespen ebenso wie die Raupenwespen selbst Opfer von anderen Hautflüglern, meist Erzwespen, als sogenannte Hyperparasiten werden.
Einsatzmöglichkeiten von Schlupfwespen in der Biologischen Schädlingsbekämpfung
Im Gewächshaus können eigens dazu gezüchtete Schlupfwespen ganz gezielt gegen verschiedene Schadinsekten eingesetzt werden:
Schlupfwespen gegen Minierfliegen – hierfür eignen sich Vertreter von 4 Gattungen, vor allem aus der Familie der Brackwespen. Das Weibchen der Art Diglyphus idaea legt seine Eier direkt neben die Larve einer Minierfliege ab, die sie dann von außen als sogenannte Ektoparasiten anfressen. Dagegen sind die Larven von Dacnusa sbirica und Opius pallipes Entoparasiten: Ihre Weibchen legen die Eier in die Minierfliegenlarve, die dann von innen ausgefressen wird.
Aber nicht nur die Larven, auch die erwachsenen Schlupfwespen dieser Arten können sich von den Minierfliegenlarven ernähren.
Die Entwicklungsdauer der Larven und auch die Lebensdauer der erwachsenen Schlupfwespen hängen in starkem Maße von der Temperatur im Gewächshaus ab: Im Kaltgewächshaus dauert die gesamte Lebenspanne einer Generation vom Ei bis zum Tod der adulten Schlupfwespe bei einer Raumtemperatur von 15 Grad Celsius je nach Art 49 bis 52 Tage, im Warmgewächshaus bei 25 Grad Celsius verkürzt sie sich auf etwa 23 Tage. Allerdings ist im Kalthaus die Zahl der Eier pro Weibchen deutlich höher als im Warmhaus.
Schlupfwespen gegen Woll- und Schmierläuse – dazu werden vor allem 2 Schlupfwespenarten im Gewächshaus eingesetzt. Leptomastix dactylopii parasitiert vor allem das 3. und 4. Larvenstadium und die jungen Weibchen von Schmierläusen, Leptomastiola abnormis dagegen nur das 2. und 3. Larvenstadium der Schmierläuse.
Auch bei diesen beiden Schlupfwespen ist die Gesamtdauer einer Generation vom Ei bis zum Tod der erwachsenen Schlupfwespe in erster Linie von der Raumtemperatur im Gewächshaus abhängig: Im Kaltgewächshaus beträgt die Generationsdauer von L. dactylopii 60 Tage, bei 26 Grad Celsius im Warmhaus dagegen nur 41 Tage. Bei der zweiten Art, L. abnormis, verhält es sich dagegen genau umgekehrt: Im Kalthaus ist die Generationszeit mit nur 19 bis 30 Tagen kürzer als im Warmhaus mit 39 Tagen. Bei beiden Arten ist aber die Zahl der gelegten Eier pro Weibchen im Kalthaus deutlich geringer als im Warmhaus. L. dactylopii parasitiert vor allem die wärmeliebende Planococus citri. L. abnormis ist dagegen auch bei niedrigeren Temperaturen aktiv und parasitiert diverse Schmierlausarten.
Schlupfwespen gegen Schildläuse – Gegen die sogenannten Deckelschildläuse der Familie Diasphididae werden Schlupfwespen der Art Aphytis melinus eingesetzt. Deren Larven setzen sich als Ektoparasiten außen an den Larven der Deckelschildläuse fest und ernähren sich von ihnen, bis der leergefressene Schildlausdeckel übrig bleibt, unter dem sie sich dann auch verpuppen. Bei einer Raumtemperatur von etwa 25 Grad Celsius dauert die Entwicklungszeit der Laven bis zum Schlüpfen aus der Puppenhülle zur Imago etwa 3 Wochen. Bei gleichen Temperaturbedingungen legen die Weibchen jeweils 30 bis 60 Eier.
Gegen die Napfschildläuse lassen sich dagegen eine ganze Reihe von Schlupfwespen einsetzen, die sich ihrerseits aber wiederum sehr artspezifisch verhalten: D.h. zu einer bestimmten Napfschildlausart gibt es dann auch die 2passende“Schlupfwespenart als Parasit.
Alle Schlupfwespen brauchen für einen effizienten Einsatz gegen Schildläuse eine Mindesttemperatur von 20 Grad Celsius. Und man muss pro von Schildläusen befallener Pflanze 5 bis 10 Schlupfwespen ausbringen.